Semester: SNM SS01


Kolloquium:
Kulturelle Grundlagen der Rechnergeschichte und der Maschinentheorie II
Thema: Konrad Zuses rechnender Raum

Zeit:
27.03.-20.07.01, Di.10.00-12.00Uhr, 14-tägig

Dozent: Giaco Schiesser





"Konrad Zuses rechnender Raum - Cyberspace als Machina Mundi"




Datum: 22.05.2001
Arbeitsgruppe: Frank Gniffke, Annina Rüst

Inhaltsverzeichnis:

I. Postkarten/Lochkarten
II. To be or not to be
III. In rechnenden Räumen
IV. Das Rechnen
V. Der Raum
VI. Rechnender Raum
VII. Die Semantische Maschine
VIII. Cyberspace

Thesen

Machina Mundi

Anhang

Computerentwicklung

Quellen

 

I. Postkarten/Lochkarten

Zuse baut 1936 in der ungewohnten Umgebung des Wohnzimmers seiner Eltern den ersten Computer (Z1): er ist zwar mechanisch, basiert aber auf der Nachrichtentechnik nicht auf der Rechenmaschinentechnik: Übertragung, Speicherung und Verarbeitung von Signalen anstatt über Walzen weitergegebene Einstellungen.
Zuse ist aber nicht nur ein genialer Bastler, er verfasst auch Bücher, unter anderen seine Memoiren "Der Computer - Mein Lebenswerk" und philosophische Texte wo er beispielsweise die These aufstellt, der Kosmos sei ein gigantischer Computer. Diese These wird von den Autoren als "monströs" bezeichnet und sie erklären ihre Absicht, dieser Idee unter geistesgeschichtlichen, wie unter zeitgeschichtlichen Aspekten zu folgen.


Begriffe:

II. To be or not to be

Zuses als "Bastelei" bezeichnete Maschine (weil ausserhalb eines Labors und mit primitiven Hilfsmitteln wie dem Stabil-Baukasten entstanden) ist "Intelligenzverstärker" und demzufolge nicht mehr eine Verstärkung des Muskels, wie herkömmliche (Energie-)Maschinen (beispielsweise Dampfmaschinen) sondern eine Verstärkung des menschlichen Gehirns.

Voraussetzugen für den Bau der Maschine:
Denkgrundlagen sind schon vorhanden für die Z1. Es ist einerseits binäre Rechenweise von Leibnitz, andererseits die zweiwertige Logik der booleschen Algebra.

Rechenmaschinen der Vergangenheit hatten Probleme mit der Feinmechanik, wie beispielsweise Sprossenrädern, da es in der Rechenmaschinentechnik darum ging, Ziffern darzustellen. Das Problem entfiel bei Zuse, da er nicht Ziffern sondern die Zustände - 0 - und - 1 - darstellen wollte.
Durch die mechanische Konstruktion des Binärsystems nach Leibnitz´schem Vorbild erstellt Zuse eine "räumliche Struktur", die durch Informationsanweisung von außerhalb steuerbar wird => Der rechnende Raum.

Die Autoren behaupten Zuse habe nicht nur auf den technischen Gehalt sondern auch auf den metaphysischen Gehalt des Binärsystems reagiert, indem er Überlegungen anstellte, die Techniker irritierten. Philosophische Überlegungen wie "Konstruktion zur Keimzelle des künstlichen Supergehirns", "The Universe is a big Computer".

Die Autoren erwähnen zusammenfassend, dass sie sich hier wie im Rest des Buches auf dem "doppelbödigen Terrain aus Philosophie und Technik" bewegen, dass die Theorien von Leibnitz instutionalisiert worden seien, nämlich in der philosophischen Abteilung der Gesellschaft für Informatik (GI).




Begriffe:



Exkurs DEHOMAG

Die Autoren beabsichtigen in diesem Exkurs die "wahrhaft revolutionäre Besonderheit" der Erfindung Zuses herauszuarbeiten, in dem sie die Geschichte der bis dahin erfolgreichsten Lochkartenautomaten, die Hollerith-Maschinen aufzeigen wollen:

Sie stellen zunächst am Beispiel USA fest, dass Lochkarten-Systeme zur Erfassung von statistisch relevanten Daten gebaut wurden, als es nicht mehr möglich war, diese manuell zu prozessieren,

1890 Da in den USA, angesichts der Menschen- und Informationsmenge von Hand ausgezählte Volkszählungen nicht mehr innerhalb nützlicher Frist abgeschlossen werden können, erfindet der Volkszähler Hermann Hollerith die Lochkartenmaschine. Jede Frage wird in einen JA/Nein-Wert aufgelößt, indem für "JA" ein Loch und für "Nein" kein Loch gestanzt wird. Dazu erfindet Hollerith eine Maschine, in die man die Karte zwischen "elektrische Fühler" legt, und deren Zählwerk immer eine Einheit weiterspringt wenn die Karte durch ein gestanztes Loch den Strom passiern lässt.

1910 Die Deutsche Hollerith Maschinen AG wird gegründet. Ihre Hautptaufgabe ist es, Hollerith-Maschinen zu bauen, welche die Datenverarbeitung während des ersten Weltkrieges übernehmen. Sie sind noch nicht "integraler Bestandteil von Kriegsmaschienen" sondern nur "periphere Planungsmittel", da die Berechnungen, die mit ihrer Hilfe angestellt werden noch nicht ausgeklügelt genug sind.

1924 IBM (International Business Machine Corporation) wird gegründet, welche verfeinerte Hollerith-Maschinen anbietet.

1934 Im Zuge der Machtübernahme durch Hitler wird wiederum ein Hollerith-Werk eröffnet, nachdem die Branche in den Zeiten der Inflation gelitten hat.
Die Aufgabe der Maschinen ist die Erfassung und Verarbeitung von statistischen Daten über die Bevölkerung Deutschlands, beispielsweise für die Planung des Holocaust. Die Autoren warnen jedoch, die logistischen Fähigkeiten der Nazis nicht zu überschätzen, da Progrome in Deutschland noch nie einer zentralen Planung bedurft hätten. Dass also die Maschinen nicht der einzige massgebende Faktor sei wieso es zum Holocaust kam.

1936-1938 Zuse baut an seiner Maschine Z1, welche aber erst nach dem Krieg ihre volle Bedeutung erfährt, da die Nazis ihre Möglichkeiten nicht sahen.

Gleichzeitig hat die Entwicklung der Hollerith-Maschinen eine Abschluss erfahren, da "alle von der Praxis an uns herangetragenen Wünsche ihre Erfüllung gefunden haben", wie ein Leiter eines Hollerith-Werkes bekannt gibt.


III. In rechnenden Räumen

Die Pioniertage des Computers werden von den Autoren beschrieben: In den 30er Jahren arbeiten Alan Turing in England, Konrad Zuse in Deutschland und John W. Atanasoff in den USA an der Entwicklung des Computers. Chiplose Rechner mit mechanischen Speichern füllen ganze Säle, umfassen mehrere Stockwerke, werden von gigantischen Kühlvorrichtungen vor dem Heisslaufen bewahrt. Bei Alan Turings Colossus Maschine in Bletchley Park (erster Probelauf: Dezember 1934) hatten programmierende Frauen ihre Arbeitsplätze innerhalb der Maschinen. Ein erschwerender Faktor waren Motten und Käfer, welche in die Relais krabbelten herausgebürstet werden mussten, daher der Ausdruck "Debugging".

Gegen Ende des Kriges flüchtet Zuse zusammen mit seiner Frau, seinen Mitarbeitern und seinem Modell Z4 aus Berlin nach Hinterstein im Allgäu und erlebt dort die letzten Kriegstage sowie die karge Zeit danach. Da er seine Computer nicht in einem regulären Labor sondern im Wohnzimmer baute, kennt ihn niemand, und so wird er nicht in die US-amerikanischen Think-Tanks berufen, wie die meissten bekannten deutschen Wissenschaftler.

Mehr über die spektakuläre Flucht im "Brief an die Eltern".
ein Text aus dem Zuse Archiv des Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin. www.zib.de

Da er in dieser Zeit den Computer nicht praktisch weiterentwickeln kann, arbeitet er zu dieser Zeit an der Idee, den Kosmos als gigantische Rechenmaschine zu sehen, als "rechnenden Raum". Er versucht diesen folgendermassen zu erklären "Stösst man ein Relais an, so pflanzt sich dieser Impuls durch die ganze Kette durch. So müsste sich auch ein Lichtquant fortpflanzen, ging es mir durch den Kopf".

Entwicklungslinien einer Rechengeräte-Entwicklung von der Mechanik zur Elektronik* Mit 12 Bildern
ein Text aus dem Zuse Archiv des Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin, K. Zuse erzählt Computergeschichte aus seiner Perspektive. www.zib.de

Begriffe:


 

IV. Das Rechnen

Zu Beginn des Kapitels "Das Rechnen" stellen die Autoren die provokative These auf, Spötter könnten Zuses Gedanke vom Universum als einzigen wahren Rechner so auslegen, dass die Menschen die Motten in den Relais, und der genetische Code lediglich als Unterdatei in ihre Körper geschrieben sei, welche vom göttlichen Debugging-Programm am jüngsten Tag beseitigt würden.

Die Universalisierung des Wortes "Rechnen" im 20. Jahrhundert stellt für die Autoren das Indiz für eine grundlegende Veränderung dar. Rechner seien überall, getarnt durch Benutzeroberflächen, welche diese Tatsache verbergen wollen. Auch auf einem Computer geschriebene Schrift sei folglich gerechnet, auch wenn dies nicht so scheine.

Die Autoren zitieren Zuses "volkstümliche" unter den Bedingungen des 2.Weltkrieges entstandene Definition von Rechnen: Zwei Umstände werden kombiniert und es resultiert daraus ein dritter Zustand.
Genauso sehen die Autoren auch die Schrift: Segmente werden nach Massgaben einer formalen Kombinatorik verknüpft. "Rechnen" bedeute also in einem erweiterten Sinne "jede logische Verknüpfung von Informationen", was auch Zuses Formel für den Begriff des Rechnens sei. Diese wiederum sei der Definition des Begriffs "Maschine" des KyberEthikers Heinz von Foerster ähnlich: "Eine Maschine ist ein Anordnung von Regeln und Gesetzen, durch die gewisse Tatbestände in andere transformiert werden". Rechenprozesse und Maschinen seien in "ihrer abstraktesten Bedingung", den regelgeleitete Transformationsprozessen identisch.

Im Algorithmus welcher einen Rechenvorgang mittels einer formalisierten Sprache beschreibt, sehen die Autoren die neue abstrakte Maschine. Der Algorithmus könne in eine bit-folge umgesetzt werden und umgekehrt. Der Begriff Rechnen sei mit dem Begriff Informationsverarbeitung identisch. Rechner seien also überall-

Ausblick in die Zukunft:
Die "Maschine" (der Computer) bestehe aus mathematischer Abstraktion (Algorithmus) und technischer Konstruktion (Mikroelektronik) wobei das Material mit der Zunahme des Ausgeklügeltheit des Algorithmus abnehme, den es doch materialisieren solle: Computer werden immer kleiner bis zum vollständigen Verschwinden, was bleibt ist der optische Lichtimpuls und der Allgorithmus,
die Sprache, Beschreibung.


Begriffe:

V. Der Raum

Um die Raumvorstellung von Zuse, welche sich an die von Leibnitz anschliesst, zu erläutern, schildern die Autoren den Briefwechsel Leibnitz - Clarke (Clarke war Schüler von Isaac Newton):

Clarke behauptet wie Newton, der Raum sei eine leere Form. Leibnitz behauptet, der Raum sei eine interne Struktur, eine Ordnung des Nebeneinanderbestehens. Die Physik ist zur Zeit des Briefwechsels auf der Seite Newtons.
Ein Beispiel wird zitiert, welches die Fragestellung erläutern soll: hätte Gott das Planetensystem in all seinen Relationen genauso gemacht, wie er es nun tatsächlich gemacht hat, aber alles bloß um hundert Meter nach weiter nach rechts gerückt. Wäre dann alles am selben Ort oder an einem anderen Ort?

Clarkes Antwort wäre "an einem anderen Ort" und meint die Relativität des aussenstehenden Betrachters, der aus einer Bewegung heraus eine andere Bewegung betrachtet.
Und Leibnitz würde sagen "am selben Ort", da für die Verschiebung des Raumes jeder äussere Massstab fehle, da die Relation der Körper den Raum konstituiere: "wechselseitige Verhältnisse konstituieren den Raum". Der Raum als "Ordnungsstruktur" auch bei Zuse, als er den Gedanken vom rechnenden Raum aufstellt.


Begriffe:

VI. Rechnender Raum

Zuse, das lange verkannte Genie: seine ersten Maschinen wurden im Krieg zerstört, der 1941 eingereichte Patentantrag für die Z3 wurde 1967 abgelehnt "wegen mangelnder Erfindungshöhe", da die Maschinen damals schon weiter waren. Die von ihm entwickelte erste Programmiersprache "Plankalkül" wurde erst nach der Einführung von FORTRAN in ihrer Wichtigkeit erkannt.

Mit seiner Firma hatte Zuse Erfolg, explodierende Softwarekosten zwangen ihn 1966 zum Verkauf seines Betriebes an seine Konkurrenz auf dem deutschen Markt: Siemens. Zuse fand wieder Zeit, seine Ideen vom Rechnenden Raum weiterzuentwickeln:

Der "rechnende Raum" ist für Zuse ein unendliches dreidimensionales orthogonales Gitter. Die Linien des Gitters treffen sich im Punkt, der nach den Autoren materiell nicht existieren könne, weil er das Ergebnis zweier sich kreuzender Linien ist. Der Punkt existiere also relational zu den Linien die ihn beschreiben, was wiederum mit dem Raumkonzept von Leibnitz Übereinstimme, welches auch besagt, dass die Relation der Körper den Raum konstituiere. Man müsse sich vorstellen, so die Autoren, dass an jedem Durchgangspunkt des Gitters eine minimale Entscheidung fallen könne: ja/nein, oben/unten, rechts/links. Wie in neuronalen Netzwerken seinen diese "Minimalstrechner" paralellgeschaltet, und tauschen informationnen aus. Zuse nannte KI "angewandte Logistik", neuronale Netze waren für ihn "zellulare Automaten". Diese beschreibe er als Spezialform eines Automaten, der aus periodisch wiederkehrenden Zellen aufgebaut sei, die miteinander in Verbindung stünden und Information austauschten. In einem gerasterten Kosmos würde das Licht sich wieder Impuls in einer Relaiskette fortpflanzen, das Universum als grosser Computer.

Die Eigenschaft der intelligenten Leistung war zuvor das Subjekt gebunden welches dem Objekt Kosmos gegenüberstand. Dieses Weltbild sei laut den Autoren durch Zuses Behauptung, das Universum sei ein grosser Computer auf den Kopf gestellt worden, da das Universum nun auch eine intelligente Leistung vollbringe.

Die Natur müsse eine Informationsmaschine sein, da sie mit physikalisch-technischen Apparaten erschliessbar sei. Die Autoren zitieren daraufhin Heidegger welcher "die bündigste Formulierung für Zuses Rechnenden Raum geprägt habe: "Natur als Informationssystem".

Im Teilgebiet der Biologie, der Gentechnologie werde die Natur bereits als System von Informationen betrachtet, in der Physik jedoch nicht, obwohl Einsteins berühmte Formel E = mc² zwar Information sei, diese aber nicht beinhaltet. Dass diese Formel Information sei, besage das erste Gebot der Kybernetik "Information ist Information, weder Materie noch Energie". Zuse habe Physik und Kybernetik vereint in der Theorie des rechnenden Raumes.

Zuse über KI: "Über sich selbst reproduzierende Systeme* On self-reproducing systems"
ein Text aus dem Zuse Archiv des Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin

Begriffe:

VII. Die Semantische Maschine

Die Autoren sehen Zuses` Buch "Der rechnende Raum" als "semantische Maschine", als Verfahrensweise, wie Weltbilder generiert werden: Man hat die logische Struktur A, physikalisches Modell aus der Strömungslehre welches womit man die Ausbreitung einer Druckwelle messen kann und die logische Struktur B, welche Formeln und Rechenschritte aus der Datenverarbeitung darstellen. Beide sind in sich stimmig. Wenn die eine logische Struktur auf die andere projiziert werde, entstünden interessante neue Sätze vom Typus "A bedeutet B" und "B bedeutet A". Da nun von Bedeutungen die Rede sei, findet hier für die Autoren der entscheidende Ebenenwechsel statt von der syntaktischen auf die semantische Ebene.

In seinem Buch "Rechnender Raum" projiziere Zuse den Computer auf den Kosmos und dadurch entstehe eine "semantische Maschine". Im Idealfall würden sich die beiden logischen Strukturen gegenseitig lesbar machten.

Die Autoren behaupten von sich, dass sie sich desselben Verfahrens bedienten, um barocke Texte mit modernen Theoremen zu lesen und moderen Texte mit barocken Theoremen.

Zuses "monströse" Behauptung, der Kosmos sei ein Computer, gehe noch einen Schritt weiter, denn hier werde nicht nur von A auf B geschlossen sondern auf das, was in B repräsentiert sein soll. Weil die logische Struktur des Computers in sich stimmig sei, könne man ihn auf die Welt projizieren. Die Projektion einer in sich stimmigen Zeichenkette der allgemeinste Begriff der semantischen Machina Mundi.

vor Zuse:
Maschine - Verknüpfungen [Syntax, Parameter]- Maschine
A + B

nach Zuse:
Maschine - Bedeutungen [Semantik, Algorithmus] - Maschine
A => B


Begriffe:

VIII. Cyberspace

Während in den USA in den fünfziger Jahren die interdisziplinäre Wissensvernetzung stattfindet, der Begriff "Kybernetik" geprägt und interdisziplinär an dem neuen Paradigma Selbstorganisation von Systemen gearbeitet wird, gibt es in der BRD zu dieser Zeit keine Diskussionen zwischen Informatik und anderen Bereichen wie beispielsweise der Medizin.
Eine von Zuses Firma veranstaltete Tagung zum Thema "der Computer in der Medizin" hatte 80 Teilnehmer. Obwohl Zuse allein gewesen sei mit seinen verrückten Ideen hätten sich seine Ideen als hyperrealistisch korrekt erwiesen, denn wer heute einen Data-Helm aufsetze um in virtuelle Welten abzutauchen, der befinde sich nirgends anders als in rechnenden Räumen.


Begriffe:


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Thesen/Fragen an den Text

Annina:
1. Der letzte Satz des Textes " Wer heute einen Data-Helm aufsetzt, um in virtuelle Welten abzutauchen, der befindet sich nirgends anders als in rechnenden Räumen" klingt paradox für mich. Der Satz steht im Kontext des Kapitels VIII. "Cyberspace" in dem die Autoren Zuses Position als "einsame Spitze der Bewegung" in Deutschland beschreiben, während in den USA die "Wissensvernetzung" zwischen Mathematikern, Kybernetikern, Ethnologen etc. an den Macy Konferenzen stattfand:
"Innerhalb dieser Verhältnisse aber war Zuse wieder einmal die einsame Spitze der Bewegung. Ohne verrückte Ideen ist so etwas nicht auszuhalten. Die Idee vom rechnenden Raum war wunderbar verrückt und hat sich zugleich als hyperrealistisch korrekt erwiesen. Wer heute einen Datahelm aufsetzt, um in virtuelle Welten abzutauchen, der befindet sich nirgends als in rechnenden Räumen".

Meiner Meinung nach reduziert dieser Satz Zuses' Aussage das Universum sei ein Computer auf eine VR-Simulation.Ausserdem finde ich, dass die Idee vom rechnenden Raum sich schon damals als hyperrealistisch korrekt erwiesen hat genauso wie heute, nur dass heute das Wort "Rechnen" eine Universalisierung erfahren hat mit der Allgegenwärtigkeit von Computern (wie die Autoren im Kapitel IV "Das Rechnen" beschreiben). Ich will damit nicht bestreiten, dass eine VR-Simulation kein rechnender Raum ist, aber nach Zuse ist alles andere auch rechnender Raum.

Frank: Rechnender Raum - Machina Mundi
1. Zuse erstellt mittels Mechanik eine räumliche Struktur (Gitter): der rechnende Raum, welcher über Informationsaustausch (Rechnen) funktioniert. Wenn diese Informationsmaschinen die Natur erkennen, dann muß die Natur selbst eine Informationsmaschine sein, denn Maschinen können nur Maschinen lesen (Verdopplung).
Das Lesen und Verstehen der Weltformel (Machina Mundi) für den Menschen ist folglich nur dann möglich, wenn

Mensch = Natur = Informationssytem = Gentechnik = Maschine = Kybernetik = Informationssytem = Natur = Kosmos

ist.

2. Wer macht nun wen erkennbar/lesbar? Der Mensch den Kosmos oder der Kosmos den Menschen? Wer steuert wen?

Ist die Maschine der Schlüssel dazu? Ist das der Mensch nicht selbst, die Maschine, oder doch eher der Kosmos?

Aber ist diese Maschine, der Mensch, ausreichend? Oder muß nicht ein neuer Mensch, eine neue Maschine, geschaffen werden, um die Machina Mundi begreifbar zu machen?

(neuer) Mensch = (neue) Maschine = (neuer) Gott ? = neues Universum (?)




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Machina Mundi - Auf der Suche nach der Weltformel

Alchimie

Jahrhundertelang suchten die Alchimisten ununterbrochen nach dem Stein der Weisen. Er war eine Substanz, von der sie überzeugt waren, sie könnten sie mit göttlicher Hilfe herstellen, indem sie bestimmte Rohmaterialien komplexen und ausgedehnten chemischen Prozessen unterzogen. Das Problem war, die richtigen Rohmaterialien und die korrekten chemischen Prozesse zu finden. Es gab die weitverbreitete Überzeugung, daß das Universum von einem Geist durchdrungen sei, der alles miteinander verband. Alchimisten glaubten, dieser Geist könne irgendwie nachproduziert und zu einer magischen Substanz komprimiert werden, die sie den Stein der Weisen nannten.

Eine der größten Schwierigkeiten, auf die man bei der Untersuchung der Entwicklung der Alchimie stößt, ist die Tatsache, daß die Bücher und Handschriften, welche die Substanzen, die benutzt werden müssen, und die chemischen Prozesse, die befolgt werden müssen, beschreiben, in einer derart dunklen, symbolischen Sprache abgefaßt sind. Sie ließen häufig viele verschiedene Interpretationen zu und waren selbst für erfahrene Alchimisten verwirrend.

Musik

Im Mittelalter suchte man die Sphärenharmonie in der Musik. Sie war eine der sieben freien Künste, die in den Klosterschulen gelehrt wurde. Die musica mundana beschäftigte sich mit dem Lauf der Gestirne, dem Gefüge der Elemente und dem Wechsel der Zeiten. Die Proportionen der verschiedenen Teile zueinander stellten die "Himmelsmusik" dar, in der die Größe und Harmonie Gott des Schöpfers sichtbar wurde. In der "machina mundi" sah man eine Art Weltformel.


Symphonie der Superstrings

In Potsdam traf sich in der Woche vom 19. - 24. 7. 99 die Elite der Physik. Ihr Ziel: all ihr Wissen um die Materie in eine Gleichung zu fassen. Die Umrisse der Weltformel glauben sie bereits erkennen zu können: In ihrem Innersten besteht das Universum demnach aus vibrierenden Superstrings.

Strings '99 in Potsdam war die elfte in der Reihe der "Strings" Konferenzen. Die Tradition der Stringtheoretiker, sich alljährlich auf einer internationalen "Strings" Konferenz zum Austausch neuer Ideen und Ergebnisse zu treffen, nahm ihren Anfang 1985 in Argonne, USA. Im Vorjahr hatten die Physiker John Schwarz und Michael Green die erste Revolution in der Stringtheorie eingeleitet, die hoffen ließ mit Hilfe der Stringtheorie, Quanten- und Gravitationstheorie miteinander zu verbinden. Die Konferenz Strings 1995 in Los Angelos war dann Schauplatz der zweiten Revolution: Edward Witten zeigte, daß sich alle Stringtheorien zu einem Gedankengebäude vereinen lassen. 1997 findet die Strings Konferenz in Amsterdam, und damit erstmals in Europa statt. 1999 ist Deutschland Gastgeber, und etabliert sich damit als bedeutender Teilnehmer an der Suche nach der Weltformel.

Edward Witten, das Physik-Genie aus Princeton, und seine Kollegen träumen von einer einzigen mathematischen Gleichung, deren Lösung die gesamte Welt beschreibt. Sie erlaubt es, unvorstellbar winzige fadenförmige Gebilde zu beschreiben, die in einem verschlungenen 10- oder 11dimensionalen Raum vibrieren. Aus den Klängen dieser "Superstrings" setzt sich eine Symphonie zusammen, die den Namen "Universum" trägt.

Das vermessen klingende Ziel haben die Amerikaner die "Theory of Everything" getauft. Die Deutschen nennen es schlicht die "Weltformel".

Diese Gleichung, so hoffen die String-Forscher, werde die schönste aller denkbaren sein ­ so schön, daß allein ihre Schönheit der Beweis für ihre Wahrheit sei.

Es ist der Glaube an die Existenz dieser Weltformel, der die theoretische Physik beseelt.

Genährt wird er durch die spektakulären Erfolge der Vergangenheit. War es nicht dem Briten Isaac Newton schon vor gut 300 Jahren gelungen, alles Wissen über die Planetenbahnen in eine einzige Gleichung zu bannen, die zugleich auch noch den Flug einer Kanonenkugel korrekt vorhersagte? Hatte nicht sein Landsmann James Clerk Maxwell 200 Jahre später sämtliche elektrischen und magnetischen Phänomene in einem einfachen Regelwerk von Formeln vereint, das zudem noch das Wesen des Lichts enträtselte?

Jetzt regt sich die Hoffnung, die Physik könne bald am Ende ihres großen Abenteuers angekommen sein. Viele der in Potsdam Versammelten glauben, am Horizont bereits die Konturen jener Formel erkennen zu können, der ihre Zunft seit mehr als 300 Jahren hinterhergejagt ist. "Die Schrift", meint Witten, "steht an der Wand." Das zur Vollendung benötigte Werkzeug sei die mathematische Beherrschung der Superstrings.

Doch indem sich die Weltformel allmählich der Neugier der Physiker zu entbergen beginnt, offenbart sie sich als so sinnlos wie grandios. Vermutlich wird der Mensch niemals einen praktischen Nutzen aus ihr ziehen können. Manch einer bezweifelt sogar, daß sich ihre Wahrheit mit Experimenten überhaupt wird beweisen lassen. Sicher scheint zudem: Ihre Schönheit wird sich nur einer winzigen Zahl von Experten erschließen.

Der entscheidende Durchbruch kam mit der Idee, Naturgesetze in der Sprache der Mathematik zu formulieren. Galilei tat es als erster, Kepler hatte damit Erfolg, und Newton brachte die Methode mit seiner Differentialrechnung zur Vollendung.

Doch eine Frage bleibt: Woher wissen wir, daß die mathematische Sprache die Wirklichkeit 1 : 1 widerspiegelt - wo doch selbst die klügsten Köpfe bei hochkomplexen Formeln an die Grenzen des Verstandes stoßen?

Im Jahre 1916 veröffentlichte Einstein die allgemeine Relativitätstheorie. Sie verschweißt Raum, Zeit und Materie untrennbar zu einem Ganzen. Unter dem Einfluß von Massen, so Einstein, verformen sich Raum und Zeit. Die Dellen und Beulen im Raum bestimmen ihrerseits, wie sich Massen bewegen.

Physiker preisen die Relativitätstheorie bis heute als schönstes aller wissenschaftlichen Gedankengebäude. Doch die Schönheit hatte ihren Preis: Einstein sprengte die Grenzen menschlicher Vorstellungskraft. Einzig dank eleganter mathematischer Formeln gelingt es, einen in sich gekrümmten Raum zu begreifen. Sinnlich vorstellen können sich das selbst Physiker nicht.

Angesichts dieser Dimensionen kapituliert der allein auf seine Anschauung angewiesene Geist. Erst die Mathematik machte es möglich, die Geheimnisse des Mikrokosmos zu lüften. Als erster kam ihnen der junge Werner Heisenberg auf die Spur. Mit vom Heuschnupfen geschwollenen Augen floh er im Jahre 1925 für zwei Wochen aus dem von blühenden Wiesen umgebenen Göttingen auf die kargen Felsen Helgolands.

Wie Einstein, so hatte auch Heisenberg den Eindruck, daß er sich von allem befreien müsse, was seine Vorgänger für naturgegeben hielten. Seit Jahren schon hatten sich die Physiker vergeblich bemüht zu begreifen, warum Elektronen den Atomkern nur auf ganz bestimmten Bahnen zu umschwirren schienen. Erst Heisenberg stellte die Frage: Wissen wir überhaupt, ob es wirklich Bahnen sind?

Er beschloß, Gleichungen zu formulieren, in die er nichts einfließen ließ, was er nicht mit Sicherheit wußte. Bald stellte er fest, daß der Begriff einer Bahn seinen Sinn verlor. Die Gegenwart der Elektronen ist gleichsam über den Raum verschmiert.

Helgoland wurde auf diese Weise zum Geburtsort der Quantenmechanik. Sie und die Einsteinsche Relativitätstheorie bilden seither die beiden Säulen der modernen Physik. Erfolgstrunken glaubten die Forscher, nun sei die Zeit reif, diese Pfeiler mit einer Kuppel zu überwölben: Der Begriff "Weltformel" wurde geprägt.

Heisenberg glaubte sich 1958 am Ziel: Vollmundig trat er vor die Weltöffentlichkeit. Ehrfürchtig lauschten vor allem die Deutschen seinen unverständlichen Worten. Schließlich war er der größte Physiker, der ihnen nach dem Kriege geblieben war.

In der Fachwelt jedoch wurde Heisenbergs "Weltformel" zur Blamage. "Niemand bestreitet, daß diese Idee verrückt ist. Die Frage ist nur, ob sie verrückt genug ist", spottete Niels Bohr, die damals angesehenste Autorität auf dem Gebiet der Quantenmechanik.

Auch Einstein widmete sich die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens dem großen Vereinigungswerk. Einsam in seine Gedankenwelt eingesponnen, starb er 1955, ohne der Nachwelt die ersehnte Urgleichung hinterlassen zu können.

Inzwischen ist die Verwirrung über den "Teilchenzoo", wie ihn die Forscher entnervt nannten, gewichen. Anfang der siebziger Jahre ist es gelungen, all der Vielfalt mikroskopischer Phänomene ein Regelwerk von Naturgesetzen überzustülpen, das unter dem Namen "Standardmodell der Materie" bekannt ist.

Ihm zufolge gibt es nicht mehr als drei Sorten von Teilchen: die Verwandten der Elektronen, der Quarks und der Photonen. Diese wiederum wechselwirken durch vier verschiedene Kräfte:


Nachdem sie dieses Regelwerk verfaßt hatten, hätten sich die Physiker eigentlich zur Ruhe setzen können: Sämtliche Phänomene werden durch das Standardmodell beschrieben. Nicht ein einziges Experiment ist bekannt, daß seinen Gleichungen eindeutig widersprechen würde.

Dennoch fehlt ihm eine Eigenschaft, die einer Weltformel nach Überzeugung der Theoretiker zu eigen sein muß: Es entbehrt jener Schönheit, die es zwangsläufig erscheinen ließe.

Vor allem aber wurmt die Forscher, daß die beiden Pfeiler der Physik ­ die Quantenmechanik und die Einsteinsche Gravitationstheorie ­ nicht miteinander vereinbar sind. "Die Quantenmechanik beschreibt den Mikrokosmos, die Relativitätstheorie den Makrokosmos", so erklärt Hermann Nicolai, der die Konferenz in Potsdam mitorganisiert hat, das Dilemma. "Nur leider paßt beides nicht zusammen."

Normalerweise macht sich der Widerspruch beider Theorien nicht bemerkbar. Nur im Urknall berührten sich kurzzeitig Mikro- und Makrokosmos. Seine Urgewalt vermag das Standardmodell nicht vollständig zu beschreiben.

Für die Dauer eines winzigen Sekundenbruchteils, nachdem das Universum vor rund 15 Milliarden Jahren in einem Feuerball entstanden war, herrschte eine Gluthitze, bei der bisher jede Theorie versagt. Damals müssen Myriaden von Teilchen existiert haben, die seither ausgestorben sind, weil es ihnen zu kalt wurde.

Geradezu verzweifelt mutet das Bemühen der Physiker an, ein Fenster zu finden, das ihnen einen Blick in diese Brutkammer des Universums erlaubt.

Doch die Sicht ist ihnen verstellt: Etwa 500 000 Jahre nach dem Urknall nämlich schieden sich Licht und Finsternis ­ es entstand die sogenannte Hintergrundstrahlung, die das gesamte All erfüllt. Zwar gibt sie viele interessante Einzelheiten über die Galaxienentstehung preis, zugleich aber versperrt sie als undurchdringlicher Vorhang den Blick auf alles, was in den ersten 500 000 Schöpfungsjahren geschah.

Einstein stellte immer wieder die Frage: "Ich möchte gerne wissen, wie Gott die Welt geschaffen hat".

So raffiniert auch die Kunstgriffe waren, mit denen die Gelehrten versuchten, die Vermählung von Quanten- und Gravitationstheorie zu erzwingen, stets mündeten ihre Rechnungen im Nichts. Wie bei der mythischen Hydra tauchten, kaum war eine Absurdität gebändigt, an anderer Stelle neue Widersprüche auf.

Das änderte sich erst, als in den siebziger Jahren zwei Querdenker einen völlig anderen Pfad beschritten. Michael Green gelangte, gemeinsam mit John Schwarz vom California Institute of Technology (Caltech), zu der Überzeugung, daß die Gleichungen deshalb kollabieren, weil darin Teilchen als unendlich kleine Punkte betrachtet werden. Was, wenn die Teilchen eine Ausdehnung hätten? Wenn sie nicht Punkte, sondern Fäden mit einer endlichen Länge wären?

Die beiden Gedankenpioniere machten sich daran, eine Quantentheorie winziger vibrierender Fäden zu schmieden. Die größte Hürde war, daß sich die Strings weigerten, im dreidimensionalen Raum zu vibrieren. Schwarz und Green waren deshalb gezwungen, mit Gleichungen zu rechnen, in denen Zeit und Raum noch sechs weitere Raumrichtungen hinzugefügt sind ­ so entstand eine zehndimensionale Raumzeit.

Da Schwarz und Green nicht in Zweifel ziehen wollten, daß die Welt, die sie vor sich sahen, dreidimensional ist, nahmen sie an, die Zusatzdimensionen seien eben zu so winziger Größe zusammengeknäult, daß sie der Wahrnehmung verborgen bleiben. An jeden Punkt des Raumes sei gleichsam ein sechsdimensionales, unsichtbar kleines Gebilde geheftet. Ähnlich wie ein Schlauch, aus hinlänglich großer Entfernung betrachtet, wie eine eindimensionale Linie aussieht, so löse das menschliche Auge die Feinstruktur des Raumes nicht auf.

Nach dem Urknall entfalteten sich dem Weltbild der String-Forscher gemäß nur vier Dimensionen, Raum und Zeit, um sich zu kosmischer Größe aufzublähen. Die übrigen sechs verharrten, wie nie erblühte Knospen, in ihrer Ursprungsgestalt.

Wie kein anderer verschrieb sich Edward Witten dem neuen Forschungsfeld. Die Superstrings nennt er "wundersam", "magisch", "majestätisch" oder auch "seltsam" ­ und es klingt nicht wie Schwärmerei, sondern wie das Bemühen, ihr Wesen so gut in Worte zu fassen, wie es die Sprache erlaubt.

Sind sie "der Stein der Weisen"?

Die Existenz der Strings scheint sich jedoch jeder experimentellen Beweisbarkeit zu entziehen.

Denn die Superstrings sind kürzer als kurz. Unter einem Mikroskop, das sie so groß wie diesen Buchstaben "o" erscheinen ließe, gliche ein Atom einer ganzen Galaxie. Um sie sichtbar zu machen, müßte man den Energieinhalt eines gefüllten Autotanks auf ein einziges Teilchen konzentrieren. Ein Beschleuniger, der dazu fähig wäre, müßte selbst nach optimistischen Schätzungen Elektronen um die gesamte Milchstraße schleudern.

Auf der String-Konferenz in Los Angeles 1995 war es Witten gelungen, Licht in das Dickicht der fünf String-Theorien zu bringen. Sie alle, so verkündete er, seien nichts anderes als spezielle Erscheinungsformen eines einzigen Urgesetzes von noch größerer Schönheit und Eleganz. Und dieses müsse nicht in zehn, sondern in elf Dimensionen formuliert werden.

Ein Rätsel aber, das Albert Einstein, den geistigen Ahnen der String-Forscher, umtrieb, würde auch eine Weltformel nicht lösen helfen: "Das Unbegreifbarste des Universums ist, daß es begreifbar ist."


Quellen/Literatur:
Neil Powell, Die Wissenschaft der Alchimisten, Frankfurt 1980,
Spiegel Juli 1999,
P.M. Januar 1999,
Johann Grolle, Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, Albert-Einstein-Institut, Potsdam


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Anhang
Zuse, Konrad, *)Berlin, 22. 6. 1910, +)Hünfeld, 18. 12. 1995, dt. Maschinen-/Bauingenieur, Architekt, Statiker und Künstler. Erfinder des 1. funktionsfähigen Computers (1941).

Konrad Zuse ist einer der grossen Pioniere des Computer-Zeitalters. Er schuf den ersten vollautomatischen, programmgesteuerten und frei programmierbaren Computer mit binärem Fliesskomma-Rechenwerk (Z3). Zuse baute seine ersten Maschinen während des zweiten Weltkrieges in Berlin. Nach dem Krieg baute er in Hünfeld (Allgäu) seine Firma Zuse KG auf, die 1967 durch Siemens AG übernommen wurde.
Zuse ware ein Erfinder klassischer Art, voller phantastischer Ideen, aber auch begabt mit einem mächtigen analytischen Geist. So entwickelte er auch die erste Programmiersprache der Welt, die er 'Plankalkül' (1945) nannte, und die bereits Merkmale enthielt, die noch Jahrzehnte später in andere Programmiersprachen hineinkopiert wurden.

Werke:
'Der Computer - Mein Lebenswerk', Veröffentlichung des Plankalküls (1972), Bau des Helixturms (ab 1992). 


Hollerith, Herman, *)Buffalo (NewYork), 29.2.1860, +)Washington D.C., 17. 11. 1929, amerik. Ingenieur. Sohn deutscher Einwanderer.

Hollerith klügelte ein System aus, wie man Daten auf Karten durch ausgestanzte Löcher verschlüsseln kann. Bei der Auswertung der 11. amerikanischen Volkszählung, die im Jahre 1890 stattfand, wurde das System erstmals eingesetzt. Es bewährte sich bei statistischen Auswertungen und war für die Entwicklung des Digitalcomputers von Nutzen. Er entwickelte einen elektromechanischen Lochkartenleser.

Werke:


Leibniz, Gottfried Wilhelm, *)Leipzig, 1. 7. 1646, +)Hannover, 14. 11. 1716, dt. Philosoph, Mathematiker, Jurist, Theologe und Historiker, Begründer der Akademie der Wissenschaft in Berlin (1700), einer der großen Denker des 17. Jahrhunderts und Universalgelehrter auf vielen Gebieten der Wissenschaft.

1667 erwarb er an der Uni in Nürnberg den Doktor für Philosophie und Jura. 1673/1674 führte er Mitgliedern der Royal Society seine Rechenmaschine ('Staffelwalze') vor. Im selben Jahr entwickelte er die Infinitesimalrechnung (Unendlichkeitsrechnung).

Leibniz entwarf das Programm einer Idealsprache, der sog."Characteristica Universalis" (Leibnizsche Charakteristik), deren Zeichen (=Charaktere) nach bestimmten Kombinationsregeln gebildet sind und den von ihnen bezeichneten Begriff nicht nur eindeutig, sondern auch mit all seinen Beziehungen zu anderen Begriffen charakterisieren.

Von der Religion zum Zahlenwerk: Leibniz kam über eine geistige Auseinandersetzung mit der Religion zu seinem Zahlenwerk. Seine Devise: Ohne Gott ist nichts. Für Gott setzte er die Eins und für das Nichts die Null. Gleichzeitig beschäftigte ihn die Sprache. Und er erkannte, daß sie ständig Fehler zuläßt. Weiter gedacht: Verständigungsschwierigkeiten führen zu Konflikten. Leibniz versuchte, diese Auslöser von Konflikten zu minimieren, ja ganz auszurotten. Dabei meinte er zu erkennen, daß unser Denken eigentlich ein Rechenvorgang sein müßte. Da schließt sich die Klammer zu seiner Religiosität und der These von Gott oder Nichts (1 und 0). Er wollte eine "sichere und logische" Symbolsprache erfinden. Daraus folgte das Dualsystem (Binärsystem).

Werke:
'Philosophische Schriften in vier Bänden', 'Die Grundlagen des logischen Kalküls', 'Metaphysische Abhandlung' / 'Discours de Metaphysique'. 


Kepler, Johannes, *)Weil (Stuttgart) 27.12.1571, +)Regensburg 15.11.1630, dt. Mathematiker, Theologe und Astronom. Begründer der neuen Astronomie, 'Keplersche Gesetze'.
Seine Tafeln der Planetenbewegung (1627) 'Tabulae Rudolphinae' - 'Rudolfinische Tafeln' waren bis zum 18. Jahrhundert die Grundlage aller astronomischen Rechnungen.

Mysterium Cosmographicum:
1595 hatte Johannes Kepler die Idee zum "Weltgeheimnis". Sie bestand darin:
"Die Erdbahn ist das Maß für alle anderen Bahnen. Ihr umschreibe ein Dodekaeder, die diesen umspannende Sphäre ist der Mars. Der Marsbahn umschreibe ein Tetraeder, die dieses umspannende Sphäre ist der Jupiter. Der Jupiterbahn umschreibe man einen Würfel. Die diesen umspannende Sphäre ist der Saturn. Nun lege in die Erdbahn ein Ikosaeder; die diesem eingeschriebene Sphäre ist die Venus. In die Venusbahn lege ein Oktaeder, die diesem eingeschriebene Sphäre ist der Merkur."
Die fünf regelmäßigen Körper, die Kepler im dreidimensionalen Raum nannte, sind Körper, bei denen alle Flächen gleichseitig und alle Seiten gleich lang sind. Diese Körper heißen platonische Körper. Es sind dies das Tetraeder, das Hexaeder (Würfel), das Oktaeder, das Dodekaeder und das Ikosaeder. Keplers Idee war es also, dass das Universum nach geometrischen Prinzipien aufgebaut worden war.

Harmonice Mundi:
Die ersten beiden von fünf Büchern der "Weltharmonik" beschäftigten sich mit dem Begriff der Harmonie in der Mathematik, die letzten drei mit den Anwendungen dieses Begriffs auf die Musik, Astronomie und Astrologie. Zwischen dem üppigen Gewucher der Phantasie enthält Keplers 5. Buch der Harmonice Mundi auch sein drittes Gesetz der Planetenbewegung.

Werke: 
'Mysterium Cosmographicum' (1595), 'Astronomia pars Optica' (1604), 'De Stella Nova' (1606), 'Astronomia Nova' (1609), 'Dioptrice' (1611), 'Stereometrie der Fässer' (1615), 'Epitome Astronomiae Copernicanae' (1618-1621), 'Harmonice Mundi' (1619), 'Rudolphinschen Tafeln' (1627), 'Somnium' (1634).


Lullus, Raimundus, *)um 1232, +)1315/1316, Mallorca. Mönch, Missionar, Märtyrer, Mathematiker, Mystiker und Alchimist.
Der katalanische Dichter, Theologe, Logiker und Philosoph Raimundus Lullus (eigentlich Ramó Lull) bekämpfte Boethius de Dacias Trennung von Glauben und Wissenschaft und versuchte, eine beiden gemeinsame Methodik des Wissens zu erarbeiten.
Diese enthält eine Reihe von Grundbegriffen, darunter die göttlichen Prädikate Güte und Weisheit.
Die Logik bezeichnete Lullus als die Kunst und Wissenschaft, mit Hilfe des Verstandes Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Diese Kunst, die er 'ars magna' nannte, lief auf die Idee des mechanischen Kombinierens von Begriffen mit Hilfe einer logischen Maschine hinaus. Lullus konstruierte eine solche Maschine. Sie bestand aus sieben um ein Zentrum drehbaren konzentrischen Scheiben. Auf jeder dieser Scheiben waren Wörter notiert, die verschiedene Begriffe (z. B. Mensch, Wissen, Wahrheit, Ruhm, Wohl und Quantität) und logische Operatoren (z. B. Unterschied, Übereinstimmung, Widerspruch und Gleichheit) bezeichneten. Durch Drehen dieser Scheiben ergeben sich verschiedene Verknüpfungen von Begriffen, die Schlußformen syllogistischen Typs entsprechen.
Lullus' Ideen haben wahrscheinlich Leibniz' Gedanken einer algebraischen Begriffsnotation (characteristica universalis) beeinflußt.
Lullus untersuchte sowohl den Syllogismus als auch die Induktion. Er widmete sich dem systematischen Studium der materialen Implikation und untersuchte die logischen Operationen mit der Kopula und und der Kopula oder.



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Meilensteine in der Computerentwicklung

Ibn Musa Al-Chwarismi: 9. Jh.: arabischer Mathematiker. 'Algorithmus', 'Abakus'.

John Napier: um 1600: Rechenstäbe, die als Hilfsmittel beim Multiplizieren und Dividieren dienen.

Wilhelm Schickard: 1623: Maschine für die vier Grundrechenarten.

Blaise Pascal: 1641: Addiermaschine für sechsstellige Zahlen.

Caspar Schott: um 1650: Rechenkasten auf der Basis der Neperschen Rechenstäbe.

Gottfried Wilhelm Leibniz: 1674: Rechenmaschine für die vier Grundrechenarten. Binärdarstellung von Zahlen.

Charles Xavier Thomas: 1818: 'Arithmometre' nach dem Vorbild der Leibnizschen Maschine.

Charles Babbage: 1838: Entwurf der "Analytical Engine" (Steuerung mit Lochkarten), wegen unausgereifter Technik nicht funktionsfähig.

George Boole: 1854: Boolesche Algebra.

Hermann Hollerith: 1886: elektrische Zählmaschine für Lochkarten.

Konrad Zuse: 1936/1941: 'Z 1' und 'Z 3', erste programmgesteuerte Rechner.

Alan Turing: 1936: Mathematisches Konzept der "Berechenbarkeit" (Turing-Maschine). 1943 Röhrenrechner 'COLOSSUS'.

Howard H. Aiken: 1944: 'MARK I' (teilweise programmgesteuerte Rechenanlage).

Eckert und Mauchly: 1946: 'ENIAC' (erster voll elektronischer Rechner).

John von Neumann: 1946: "von-Neumann-Rechner-Konzept" für speicherprogrammierbare Rechner:

  1. Ein Computer besteht aus Steuerwerk, Rechenwerk, Speicher, und den Ein-/Ausgabegeräten

  2. Die Struktur des Computers muß unabhängig vom zu bearbeiteten Problem sein

  3. Im Speicher befinden sich Daten und das Programm

  4. Der Speicher ist in Zellen gleicher größe unterteilt und fortlaufend nummeriert

  5. Das Programm besteht aus einer Folge von Befehlen, die nacheinander aufgeführt sind. Die Ausführung eines Sprunges kann von gespeicherten Werten abhängig gemacht werden

  6. Die Maschine benutzt Binärcodes.


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Quellen:

Langenscheidt´s Fremdwörterbuch


Oppi´s World History

Anfänge der Rechenmaschinen
Entwicklung der Rechenmaschinen


Konrad Zuse Archiv (ZIB)
Zeittafel
: Konrad Zuse

Biographie: Herman Hollerith

Biographie: Gottfried Wilhelm Leibniz

Biographie & Werke: Johannes Kepler
Zeittafel: Johannes Kepler